
Double Jeu
In ihren Fotoarbeiten betreibt die Berliner Künstlerin Corinna Rosteck ein doppeltes Spiel: Sie will andere zeigen und selbst gesehen werden. Sie hat ihre Wahrnehmung in unübersichtlichen Städten gelernt, beim Flanieren in Paris, in den menschenüberfluteten Umsteigebahnhöfen Japans und in den verstörenden Weiten der Vereinigten Staaten. Wer seinen Körper, wer sein Porträt festhält für Andere, für die schnellen Blicke in den Metropolen, muss auf der der Hut sein. Solch Double Jeu bedeutet Zurschaustellung von Angriffsflächen, schließt Verletzbarkeit ein. Die Verführerin fragmentiert ihre Erlebniswelt. Die andere Hälfte des kreativen Duos wird von dem Dialogpartner besetzt: Der Bruder erscheint als imaginärer Liebespartner, so 'selbstverständlich' wie sich der Mond vor die Sonne schiebt. Überblendtechniken, verwischte Konturen verweisen auf einen überraschend offenen ästhetischen Rahmen. Wirklichkeiten werden durchgespielt, gespiegelt. Doppeltes Belichten überschreibt die Konventionen eines an sich schon unscharfen Mediums, lädt zum genaueren Sehen ein.
Wenn man ein 'Ich' ist und gleichzeitig eine 'Andere' sein will, begibt man sich auch auf unbequeme Suche. Erst der Prozess des Findens stellt Zweisamkeit her, verleiht als objet trouvé dem Erleben von Individualität die Möglichkeit zu serieller Wiederholung: Das Einzelwesen perpetuiert sich, indem es sich als Teil einer Liebes-Geschichte begreift, als Partikel einer Stadt-Erzählung, eines Ganzen wahrnimmt. Wenn sich herkömmliche Fotografie oft auf den unzulänglichen Versuch beschränkt, flüchtige Erinnerungsmomente festzuhalten, dann versteht sich das Eingeständnis mangelnder Treue gegenüber der vielbeschworenen Chronisten-Pose für den Künstler fast von selbst. Die Montage des Porträts mit seinem Gegenüber muss sich als 'Paarung' für Corinna Rosteck folglich spielerisch bewähren, ein Kontext mit offenen Karten bleiben: im Übereinanderlegen von Zeit- und Bildebenen hat sie sich vorgenommen, mit offenen Augen den Facettenreichtum einer Einzelpersönlichkeit sichtbar reflektieren und befragen zu können. Jens Rosteck, Paris 1996
Wenn man ein 'Ich' ist und gleichzeitig eine 'Andere' sein will, begibt man sich auch auf unbequeme Suche. Erst der Prozess des Findens stellt Zweisamkeit her, verleiht als objet trouvé dem Erleben von Individualität die Möglichkeit zu serieller Wiederholung: Das Einzelwesen perpetuiert sich, indem es sich als Teil einer Liebes-Geschichte begreift, als Partikel einer Stadt-Erzählung, eines Ganzen wahrnimmt. Wenn sich herkömmliche Fotografie oft auf den unzulänglichen Versuch beschränkt, flüchtige Erinnerungsmomente festzuhalten, dann versteht sich das Eingeständnis mangelnder Treue gegenüber der vielbeschworenen Chronisten-Pose für den Künstler fast von selbst. Die Montage des Porträts mit seinem Gegenüber muss sich als 'Paarung' für Corinna Rosteck folglich spielerisch bewähren, ein Kontext mit offenen Karten bleiben: im Übereinanderlegen von Zeit- und Bildebenen hat sie sich vorgenommen, mit offenen Augen den Facettenreichtum einer Einzelpersönlichkeit sichtbar reflektieren und befragen zu können. Jens Rosteck, Paris 1996